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Spoiler: In Zukunft arbeite ich dann doch lieber wieder von daheim. In Jogginghose.
Jaja Gabi! Ich weiss eh, dass Freelancer wie ich in euren Cafés nicht unbedingt willkommen sind, wenn wir in fünf Stunden einen lausigen Tee trinken und den kompletten Vierer-Tisch zum Lunch mit Laptoptasche, Notizen und DSLR-Kamera blockieren. Um euch fleissige Gastronominnen und Gastronomen geht's in diesem kleinen Rant heute allerdings ausnahmsweise nicht.
Denn wider aller Begeisterung für fancy Laptop-Läden frage ich mich ernsthaft, in welcher Welt es sich in Cafés einfacher arbeiten lässt als im 08/15-Grossraumbüro. Dort sitzen schliesslich auch den ganzen Tag Menschen, die sich ihre Sexgeschichten beim Lunch erzählen. Wenn es nach mir geht, sollten Cafés auch mal nach anderen Kriterien als den üblichen:
Kategorien bewertet werden.
Weil nicht alle Freelancer a) ständig in ihrer 42 Grad heissen Dachwohnung sitzen oder b) 300 Franken für einen Coworking Space bezahlen können.
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Ob es das Personal hinter dem Tresen glauben möchte oder nicht: für Introvertierte und alle anderen Menschen ohne Gehörschaden sind die Smoothie-Mixer ein richtiger Pain im Gehörgang. Sorry, aber wenn alle zwei Minuten ein neuer Erdbeer-Mango-Smoothie in der Lautstärke einer intakten Schlagbohrmaschine hergestellt wird, dann bin ich schneller raus, als ich «Rechnung, bitte» sagen kann.
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Das Problem in manchen Cafés ist, dass man nie genau weiss, wen man dort noch so antreffen wird: busy Business-People zum Lunch? Freelancer in Sportswear-Jogginghosen (ok schuldig)? Schnoddrige Studenten? Oder sind es vielleicht amerikanische Touristinnen, die sich während meiner Lektüre von Foucault so laut über ihre Kindheit in Minnesota unterhalten, dass ich das Gefühl bekomme, ausgewandert zu sein.
Nein, ganz im Ernst: wie soll ich auch nur zwei gerade Sätze lesen, wenn Amanda gerade über ihren Upcycling-Kurs in Soho schwärmt? Next.
Der Blick des Kellners, nachdem du seit fünf Stunden im Café sitzt. gif: Giphy
Ich wünschte auch, es wäre anders, leider ist mein Stundensatz bislang nicht so hoch, dass ich mir dafür jeden Tag ein fettes Neun-Gänge-Menü im Adlon leisten könnte. Heisst: wenn ich freelancen möchte, kann ich mir nicht ein blödes Schinken-Käse-Sandwich für neun Franken PLUS einen Tee für fünf Franken PLUS einen Kuchen für sieben Franken in zwei Stunden kaufen, nur um nicht doof angesehen zu werden.
Ein gutes Freelance-Café ist eines, in dem ich in Ruhe im Eck bei einem Muffin und Getränk arbeiten kann, bis ich halt fertig bin, ohne dabei das Gefühl zu haben, ein Parasit zu sein.
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Wer schon einmal ein WG-Zimmer hatte, dessen Fenster in den Schulhof ragten, weiss wovon ich spreche: abgesehen vom Smoothie-Mixen ist nichts so anstrengend, wie alle 50 Minuten von einer kreischenden Bande 7-Jähriger aus dem Schlaf gerissen zu werden.
Auch nervig: überbelegte Steckdosen. gif: Giphy
Letztens in einem Co-Working-Café, das ich nie wieder betreten werde: ich bestelle an der Theke, bezahle meine Bowl, suche einen der zahlreichen freien Plätze auf und stelle nach fünf Minuten Wühlerei im E-Mail-Posteingang fest, dass sich unter meinem Tisch gar keine Steckdosen befinden. Und auch nicht auf dem Platz neben mir.
Sorry, aber wenn ich keinen Strom krieg, dann fahr ich wieder heim. Wo es sich, zumindest soweit ich das bisher feststellen konnte, immer noch am besten in Jogginghose arbeiten lässt. Und das gänzlich ohne Nebengeräusche.
Video: watson