In den Einzelzellen in Affoltern am Albis ist es einsam. Die Arbeit macht den Strafvollzug erträglicher.
bild: watson
Flüchtlinge sind in der Schweiz nicht eingesperrt. Doch sind sie wirklich frei? Häftlinge sitzen hinter dicken Mauern. Doch sind sie wirklich eingeschlossen? Darf man diese Gruppen überhaupt miteinander vergleichen? Ja – und es muss sich etwas ändern.
Mitte Januar habe ich einen Tag in einem Asylzentrum verbracht, knapp zwei Wochen danach tat ich dasselbe in einem Gefängnis. Beide Male ging ich nachdenklich, und vor allem gerne, nach Hause. 24 Stunden dort bleiben, die Nacht dort verbringen, hätte ich nicht gewollt. Es sind surreale Welten, in welchen man nicht leben möchte.
Im Asylzentrum St.Gallen erlebte ich, wie die Flüchtlinge hauptsächlich gegen die Langeweile kämpfen. Weil sie nicht arbeiten dürfen, sind sie den ganzen Tag am warten. Sie hängen an ihren Smartphones, trinken Tee, lenken sich mit Sport ab. Auch wenn sie ab und zu in die Stadt gehen, sind sie nicht Teil der Gesellschaft. Auch wenn sie das Zentrum jederzeit verlassen können, sind sie dort irgendwie gefangen. Zahlreiche Asylsuchende wirkten unglücklich, geknickt, desorientiert. Das Asylzentrum war brechend voll, überbelegt.
Das Gefängnis in Affoltern am Albis ist nicht überfüllt, aber gut ausgelastet. Die Häftlinge können keinen Fuss aus der Anstalt setzen, werden nachts eingeschlossen in ihre Zellen. Trotzdem scheint es ihnen weniger langweilig zu sein. Sie haben Arbeit, eine Tagesstruktur. Einen unglücklichen Eindruck machten sie auf mich nicht, viele waren jedoch unzufrieden.
Im Gefängnis, wie auch im Asylzentrum kommt es immer wieder zu Spannungen. Bei den Häftlingen hat es mit ihrer kriminellen Energie zu tun, bei den Flüchtlingen mit den Platzverhältnissen. So unterschiedlich die Institutionen auch sind, sie haben mich aneinander erinnert. Hier der Vergleich:
Trotz all der Bemühungen der Betreuer empfand ich die Stimmung im Asylzentrum leicht beklemmend. Als ich aus dem Gefängnis lief, war mein erster Gedanke hingegen: so schlecht haben es die Häftlinge hier nicht, die Aufseher kümmern sich gut um sie.
Und dann fragte ich mich: Haben es die Häftlinge bei uns schöner als die Flüchtlinge? Ist es okay, wenn Mörder, Drogendealer, Einbrecher oder Pädophile besser behandelt werden als Menschen, die bei uns um Asyl ersuchen?
Besser haben es die Häftlinge meiner Meinung nach nicht. Aber es ist ihnen weniger langweilig und sie werden besser auf das Leben da draussen vorbereitet als die Flüchtlinge. Der Grund dafür ist die Arbeit. Durch diese werden sie resozialisiert, wiedereingegliedert. Die Asylsuchenden hingegen gliedert man nicht von Beginn weg mit Arbeit ein und das ist falsch – egal, wie viele von ihnen schliesslich bleiben können. Eine Arbeitsmöglichkeit vom ersten Tag an, würde ihre Situation verbessern und ihre Integration vorantreiben. Wenn Häftlinge arbeiten können, sollten es Flüchtlinge auch dürfen. Profitieren davon würden alle, denn die Folgekosten gescheiterter Integration Asylsuchender sind um ein vielfaches höher als diejenigen für Arbeitsprogramme für Flüchtlinge.